figawa-Fachforen zur Zukunft des Gas- und Wasserfachs

Am 4. und 5. Mai 2017 trafen sich die Fachunternehmen der Gas- und Wasserbranche zur alle zwei Jahre stattfindenden gemeinsamen Jahrestagung der Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach e. V. (figawa) und des Rohrleitungsbauverbandes e. V. (rbv) in Leipzig.

Am ersten Tagungstag standen dabei die figawa-Foren Gas und Wasser als Plattformen des Wissensaustauschs und der Fachdiskussion im Mittelpunkt.
 

Wie gestaltet die technische Selbstverwaltung die Zukunft des Wasserfachs?

Dieser Frage stellten sich Experten aus Wirtschaft und Forschung im Rahmen des figawa-Fachforums Wasser.

Die anwesenden Experten Prof. Dr. Thomas Klindt (NOERR LLP Rechtsanwälte), Thomas Beutel (Mitglied des Lenkungskreises der Verbändeallianz zur Biozidverordnung), Waldemar Müller-Ruhe (H.Anger`s Söhne Bohr- und Brunnenbaugesellschaft mbH), Pietro Mariotti (Vorsitzender figawa-Fachgruppe Wasserverwendung) und Dr. Josef Klinger (TZW) beleuchteten die Fragestellung unter der Moderation von Dr. Hella Runge (gwf – Wasser Abwasser) aus verschiedenen Blickwinkeln.

Prof. Klindt ging in seinem Vortrag auf die Grundlagen des europäischen Binnenmarktes ein und veranschaulichte deutlich die „Spielregeln“, die juristisch aufgrund des New Approaches der europäischen Kommission der technischen Selbstverwaltung zugestanden werden.

Thomas Beutel stellte im folgenden Vortrag die Komplexität der europäischen Biozidverordnung dar und veranschaulichte den erheblichen Aufwand, den es bedarf, wenn die technische Selbstverwaltung erst spät Entwicklungen auf europäischer Ebene bemerkt.

Waldemar Müller-Ruhe verwies in seinem Vortrag auf die Auswirkungen eines europäischen Regelwerks für den Brunnenbau hin. In dieser Thematik befindet sich die Branche gerade in den Startlöchern, was die europäische Normung angeht. Die Herausforderungen bestehen in den nächsten Jahren darin, ein in sich geschlossenes europäisches Regelwerk zu erarbeiten, um auf dem internationalen Markt bestehen zu können.

Einen Blick zurück und nach vorn warf Pietro Mariotti in seinem anschaulichen Vortrag über die Herausforderungen,  denen sich Branchenverbände wie der figawa in einem europäischen Umfeld stellen müssen  Ausgehend vom Start des figawa-Projektes „One standard, one test, accepted everywhere in Europe“ vor zwei Jahren zeigte er den Zuhörern, was schon erreicht wurde und welche Ziele noch erreicht werden müssen.

Dr. Josef Klinger mahnte die Zuhörer die Grundwerte der deutschen Wasserversorgung nicht leichtfertig auf der europäischen Ebene zu verwässern. Das deutsche Prüf- und Zertifizierungssystem habe sich in den Grundlagen bewährt, bedarf aber dringend einer Transformation auf europäischer bzw. internationaler Ebene. Im Falle des TZW geschieht dies durch freiwillige Kooperationen mit anderen Prüf- und Zertifizierungsstellen unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Anerkennung.

Dr. Hella Runge legte in der Podiumsdiskussion Wert auf die Feststellung, dass die Wasserwirtschaft sich als Ganzes der europäischen Herausforderung stellen muss, da es sich um ein Kreislaufsystem handelt und Nachhaltigkeitsaspekten gerecht werden muss. Daher sah die Diskussionsrunde auch Entwicklungen in der europäischen Normung, wie im Brunnenbau, sehr positiv, da damit ein weiterer Mosaikstein der Wasserversorgung den Weg nach Europa gefunden hat. Erst wenn grundsätzliche Fragestellungen, wie Werkstoffe und Materialien im Kontakt mit Trinkwasser europäisch einheitlich gelöst sind, kann es einen „echten“ europäischen Binnenmarkt geben und die Anforderungen eines ganzheitlichen Ansatzes erfüllt werden.

 

„Wie wird Gas grün?“ 

Dieser hochaktuellen Thematik widmete sich das Forum Gas. So diskutierten die Teilnehmer mit den Fachreferenten Prof. Dr. Hartmut Krause (DBI-GUT Leipzig), Markus Vollhardt (ONTRAS), Peter Rathmann (CeH4 Technologies) und Prof. Dr.-Ing. Friedhelm Schlößer (Schwank) zur Zukunft von Wasserstoff in der Gasversorgung, zur Energiewende in Deutschland und über die Rolle des Energieträgers Gas, auch in der Wärmeerzeugung. Sie machten deutlich, dass Gas eine Schlüsselrolle für das Erreichen der klimapolitischen Ziele hat und zugleich vor neuen Herausforderungen steht.

Insbesondere das Ziel, einen wachsenden Anteil des benötigten Gases aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen, erfordere hierbei die richtigen politischen Weichenstellungen. Dabei gehe es nicht um den Aufbau neuer Subventionen sondern im Gegenteil um eine Energie- und Klimapolitik, die konsequent und systematisch auf den Abbau von Subventionen setze, so ein wesentliches Ergebnis der Diskussion.

In diese Richtung gehe auch die laufende politische Diskussion, die Energie- und Klimapolitik konsequent an die Verringerung von CO2-Vermeidungskosten auszurichten und auf staatliche Detailregulierungen und Technologievorgaben künftig zu verzichten.

In einem solchen Umfeld seien bereits verfügbare Technologien wie Power-to-Gas aus erneuerbar erzeugtem Strom, die Nutzung von Biogas, die Kraft-Wärme-Kopplung und der Einsatz von Brennstoffzellen wettbewerbsfähig und werden weiter an Bedeutung gewinnen. Gerade hier könne Gas die Stärke ausspielen, die sich unter anderem aus der flächendeckenden Verfügbarkeit einer leistungsfähigen Versorgungs- und Speicherinfrastruktur ergeben.

Zugleich werde Gas durch den marktgetriebenen Einsatz dieser Technologien selbst grün. Als eine wesentliche technologische Herausforderung identifizierten alle Teilnehmer die gezielte Nutzung von Wasserstoff als CO2-freiem Energieträger. Hier gebe es beispielsweise mit dem strukturierten Ausbau von regionalen Wasserstoffnetzen konkrete Erfahrungen, auf denen man gemeinsam aufbauen könne. 


Die Vorträge hier im Überblick und zum Download für figawa-Mitglieder:

Was sind die Binnenmarktregeln für Produkte und Dienstleistungen in Europa und wie können diese durch die technische Selbstverwaltung gestaltet werden?
Prof. Dr. Thomas Klindt (NOERR LLP Rechtsanwälte)

Umsetzung von europäischen Verordnungen am Beispiel der Biozidverordnung
Thomas Beutel (Mitglied des Lenkungskreises der Verbändeallianz zur BiozidVO)

Was sind die europäischen Herausforderungen für Bohrunternehmen?
Waldemar Müller-Ruhe (H.Anger`s Söhne Bohr- und Brunnenbaugesellschaft mbH)

Was sind die nationalen und europäischen Herausforderungen für Hersteller für Produkte in Kontakt mit Trinkwasser?
Pietro Mariotti (Vorsitzender der figawa-Fachgruppe Wasserverwendung)

Was sind die europäischen und nationalen Herausforderungen für die Prüfstellen?
Dr. Josef Klinger (TZW)

Wasserstoff in der Gasversorgung – Herausforderung oder Chance für die Zukunft
Prof. Dr. Hartmut Krause (DBI-GUT Leipzig)

Energiewende mit Gasinfrastruktur: Effizient durch Sektorkopplung, Stromspeicherfunktion und Integration Grüner Gase
Markus Vollhardt (ONTRAS)

Die Zukunft  der Wärmeerzeugung
Prof. Dr.- Ing. Friedhelm Schlößer (Schwank GmbH)

Chancen für den Energieträger Gas
Peter Rathmann (CeH4 Technologies)